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Digitale Transformation

Es ist Zeit für Veränderungen

Thanh Nguyen
Thanh Nguyen

IT-Consultant

27.07.2021 Lesedauer ca. 18 Min.

Mit der rasanten Progression digitaler Technologien und den damit verbundenen transformativen Veränderungen in den Märkten müssen sich Unternehmen zunehmend mit den Herausforderungen der digitalen Transformation auseinandersetzen. Die Digitalisierung und technologische Innovationen führen zu Disruptionen und veränderten Marktbedingungen.(1) Daher ist es für Unternehmen unumgänglich sich weiterzuentwickeln, um sich an die veränderte Business-Landschaft anzupassen. Die digitale Transformation ist entscheidend für Organisationen, um zu überleben und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.(2) Während die digitale Transformation bestimmte Branchen und Organisationen mehr und manche weniger betrifft, ist sie generell für alle Branchen relevant.(3) So erkennen Organisationen immer häufiger die Notwendigkeit und die potenziellen Chancen der digitalen Transformation. Die Frage ist nicht mehr, wann Unternehmen die digitale Transformation in den Mittelpunkt ihrer Unternehmensstrategie stellen müssen, sondern wie und wann sie diese als strategischen Wettbewerbsvorteil nutzen können. Unternehmen betrachten die digitale Transformation zunehmend als kritischen Erfolgsfaktor und investieren in innovative Technologien und Fähigkeiten. Knapp 90 % der Manager in den USA und Großbritannien erwarten, dass der strategische Beitrag von IT und digitalen Technologien zum Geschäftserfolg im nächsten Jahrzehnt zunehmen wird.(4)

„Digitization“, „Digitalization“ oder „Digital Transformation“? „Digitization“, „Digitalization“ oder „Digital Transformation“?

Die digitale Transformation kann in drei wesentlichen Phasen beschrieben werden, beginnend mit der “Digitization”, der “Digitalization” und schließlich der “Digital Transformation”. “Digitization” ist in diesem Zusammenhang die Umwandlung von analogen Informationen oder Daten in ein digitales Format. Die “Digitalization” beschreibt den Einsatz digitaler Technologien, um bestehende Geschäftsprozesse zu verändern und zu verbessern sowie einen Kundenmehrwert durch verbesserte Nutzererfahrungen zu generieren. Die “Digital Transformation” ist die letzte Phase und beinhaltet eine grundlegende Veränderung der gesamten Organisation, die durch die Nutzung digitaler Technologien ermöglicht wird. Sie geht über die reine Optimierung von Geschäftsprozessen hinaus, indem sie die Geschäftslogik und die Wertschöpfung grundlegend verändert.(1)

Die Phasen der “Digitalization” und der “Digital Transformation” werden jedoch häufig in der Praxis gemeinsam betrachtet, da die “Digitalization” letztlich mit einem transformativen Wandel einhergeht.

Die digitale Transformation umfasst jedoch nicht nur die Implementierung digitaler Technologien, sondern auch die Veränderungen, die mit diesen Technologien einhergehen und so auch sozio-technische und organisatorische Anpassungen erfordert. Darüber hinaus wirkt sich die Digitalisierung auf verschiedene Facetten im Unternehmen aus, wie z. B. auf die Geschäftsstrategien, die Organisationsstruktur und verändert die operativen Prozesse grundlegend.(5) (6) Gleichzeitig ist es auch ein kultureller Wandel, der eine neue Denkweise und neue Werte erfordert.(7) (8) Dazu gehören u.a. Dimensionen, wie die Kundenzentrierung, eine moderne Unternehmenskultur, Agilität und Transparenz.

Die Nutzung neuer Technologien und Innovationen ermöglicht es besonders etablierten Unternehmen, ihr bestehendes Geschäftsmodell umzustrukturieren oder völlig neue Geschäftsmodelle zu schaffen. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für Unternehmen unerlässlich, ihr Geschäftsmodell und ihr Wertversprechen zu überdenken. Neue digitale Technologien bieten nicht nur transformative Chancen, sondern können aufgrund niedrigerer Markteintrittsbarrieren auch eine Bedrohung darstellen. So werden etablierte Unternehmen zunehmend von agilen, innovativen und kundenzentrierten Startups sowie Technologieunternehmen herausgefordert.(2) (9) Banken werden von agilen Fintech Firmen auf die Probe gestellt, die Taxibranche wird von jungen Ridesharing Unternehmen aufgemischt und die Hotelbranche wird von Plattformunternehmen wie AirBnB ins Wanken gebracht.

Enabler für Innovation Enabler für Innovation

Die digitale Transformation ist ein Enabler für neue Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen. Sie eröffnet neue Wege, um Produkte und Innovationen zu entwickeln, Kunden zu finden, Mehrwert zu schaffen und zu liefern sowie zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Das Geschäftsmodell ist eine nützliche Linse, um die zugrundeliegende Logik eines Unternehmens zu verstehen. Es beschreibt welcher Nutzen angeboten wird, wie dieser Nutzen geschaffen und geliefert wird und wie daraus Umsätze generiert werden können.(10)

Zur Erstellung von Geschäftsmodellinnovationen können bestimmte Werkzeuge und Methoden verwendet werden. Ein solches Werkzeug sind Business Model Patterns. Der Rückgriff auf bestehende Patterns ist ein effizienter Weg zur Innovation von Geschäftsmodellen, da im Grunde 90% aller Geschäftsmodellinnovationen eine Rekombination bestehender Geschäftsmodellmuster sind.(11)

Ein bekanntes Beispiel ist das Razors & Blades Pattern. Das Pattern beschreibt Unternehmen, die ein billiges Basisprodukt (“Razors”) mit Komplementen anbieten, die häufig nachgekauft werden müssen (“Blades”). Diese Komplemente sind überteuert und subventionieren so das Basisprodukt. Der Name des Patterns wurde aus der Marketingmaßnahme von Gillette abgeleitet, als das Unternehmen Rasierklingen verschenkte, um mehr Klingen zu verkaufen.(11) Seitdem haben mehrere Unternehmen ihre Geschäftsmodelle erneuert, indem sie das Razors & Blades Pattern übernahmen. Zum Beispiel verkauft Nespresso eine Espressomaschine für weniger als vergleichbare Maschinen der Konkurrenz.(12) Die Espressomaschine kann jedoch nur in Kombination mit den von Nespresso produzierten Kaffeekapseln verwendet werden.

Die Digitalisierung ermöglicht es, diese Patterns weiter zu modifizieren, wodurch neuartige und innovative Geschäftsmodelle entstehen, mit digitalen Technologien als Basis.

Im Folgenden möchte ich ein Unternehmen vorstellen, das sein Geschäftsmodell mehrfach erfolgreich transformiert und so ein digitales Geschäftsmodell geschaffen hat. Dadurch ist das Unternehmen zum Marktführer aufgestiegen.

Die Erfolgsgeschichte eines Innovators Die Erfolgsgeschichte eines Innovators

Ein oft aufgeführter Fall für eine erfolgreiche digitale Transformation ist Netflix. In der alten Brick-and-Mortar-Ära gab es viele bekannte DVD-Unternehmen wie Blockbuster oder Movie Gallery. Viele von ihnen verschwanden jedoch spurlos, weil sie es nicht schafften, sich an die veränderten Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse anzupassen. Netflix hat jedoch seit seiner Gründung das eigene Geschäftsmodell kontinuierlich angepasst, neu erfunden und sich zu einem dominanten Player in der Video-Streaming-Branche entwickelt.

Im Jahr 1997 gründeten Reed Hastings und Marc Randolph Netflix als DVD-Verleih per Versandhandel. Das anfängliche Geschäftsmodell ermöglichte es den Personen, Videos auszuleihen, indem sie sie online auswählten und per Post zustellen ließen für ein Pay-per-Rent-Konzept. Bei der Konkurrenz musste man üblicherweise noch persönlich in die Videothek gehen, um einen Film auszuleihen. Man stöberte dabei im Laden, suchte sich eine Neuerscheinung für ein paar Dollar aus, ging nach Hause und hatte dann ein paar Tage Zeit, den Film zu sehen. Somit schufen Reed Hastings und Marc Randolph bereits zu Beginn ein Game Changer im Videoverleihmarkt. Ein Jahr später führte das Unternehmen das monatliche Abonnementmodell ein, mit dem ihre Kundschaft beliebig viele DVDs für eine feste monatliche Gebühr ausleihen konnten.(13)

Bereits im Jahr 2000, lange bevor Big-Data zu einem heiß diskutierten Thema wurde, erkannte Netflix den Mehrwert von Daten und nutze seine Anwenderdaten, um Cinematch zu entwickeln. Mit Cinematch analysierte das Unternehmen die Muster der Verleih- und Nutzungshistorie, um den Nutzenden personalisierte und relevante DVD-Empfehlungen anzubieten.(13)

Im Jahr 2007 stellte Netflix sein Geschäftsmodell weiter um und transformierte es von Grund auf. Es wurde erfolgreich von physischen DVDs auf Online-Streaming als Haupteinnahmequelle umgestellt. Netflix bot nun ein digitales Geschäftsmodell an, das auf einer digitalen Plattform basierte, die das Streaming von Videos auf Abruf ermöglichte. Durch die Nutzung der Digitalisierung vollzogen sie eine tiefgreifende Transformation ihres Geschäftsmodells. Anhand einzelner Business Model Komponenten des Geschäftsmodells, wird im Folgenden diese Transformation genauer untersucht.(13)

“Value Proposition Shifts” – Durch den Wechsel von Low Tech (Versand-DVDs) zu High Tech, (Streaming-Plattform) veränderte das Unternehmen seine Reichweite und die Unterhaltungsbranche nachhaltig. Netflix digitalisierte sein Geschäft von der Auslieferung physischer DVDs zur digitalen Distribution in Form von On-Demand-Streaming. Die Kundschaft war nun in der Lage, Inhalte jederzeit und von überall aus online zu streamen.(13)

“Key Activities” - Netflix vollzog eine erhebliche Umstellung in den Kernaktivitäten . Sie verlagerten ihre arbeitsintensiven, physischen Aktivitäten wie Versand und Logistik auf technische Aktivitäten, Lizenzierung und sogar Filmproduktion.(13)

“Key Resources” - Darüber hinaus veränderten sich auch die Schlüsselressourcen des Geschäftsmodell. Während früher noch der physische DVD-Bestand die Schlüsselressourcen ausmachten, ist es heute die abonnementbasierte On-Demand-Streaming-Plattform. Nach einem Service-Ausfall im Jahr 2008 erkannte Netflix, dass es eine zuverlässigere und skalierbare Infrastruktur benötigte, um sein schnelles Wachstum zu bewältigen. Daher setzte das Unternehmen schon sehr früh auf eine Cloud-Lösung. Mit der Cloud-Lösung war der Video-Streaming-Anbieter agiler und konnte seine Rechenzentren kontinuierlich, flexibel und zuverlässig skalieren.(14) Auch Software-Engineering-Fähigkeiten wurden zu einem Schlüsselelement. Unter Verwendung von Benutzerdaten wurden ausgeklügelte Empfehlungsalgorithmen entwickelt, um die Kundenerfahrung und -zufriedenheit zu verbessern, indem sie ihnen bei der Suche nach relevanten Inhalten halfen.(13)

“Cost Structure” – Durch die Veränderungen der Kernaktivitäten und Schlüsselressourcen, veränderte sich auch die Kostenstruktur des Geschäfts. Wesentliche Kosten sind nun die Entwicklung/Wartung der Plattform, die Lizenzierung von Inhalten und die Produktion von eigenen Filmen und Serien.(13)

“Revenue Stream” - Im Jahr 2007 wurde der monatliche Abonnementpreis von $19,95 auf $9,99 gesenkt, um das Wachstum anzukurbeln. Dies führte zu einem Rückgang des Umsatzes pro Abonnent. Allerdings führte der erleichterte Zugang und die globale Reichweite zu einem hohen Abonnierendenwachstum und damit zu höheren Umsätzen als zuvor.(13) Bis dato sind die monatlichen Abonnementgebühren die Haupteinnahmequelle von Netflix. Im Jahr 2020 hat das Unternehmen einen Rekordumsatz von etwa 25 Milliarden US-Dollar erzielt.(15)

 Business Model Canvas Netflix
Abbildung 1: Business Model Canvas Netflix (16)

Diese Transformation veränderte die Art und Weise, wie wir in diesen Tagen Filme und Serien konsumieren, und führte zu dem Erfolg von Netflix wie wir ihn heute kennen. Netflix kombinierte verschiedene Geschäftsmodellmuster wie Abonnements, On-Demand und Plattformen, um ihr Geschäftsmodell zu innovieren. Heutzutage ist Netflix einer der führenden Video Streaming Anbieter im Markt. Das Beispiel zeigt, dass die digitale Transformation eine kontinuierliche Evolution bestehender Geschäftsmodelle und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle erfordert.

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist ein globales Phänomen, welches Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes beeinflusst und unausweichlich ist. Dies führt zu enormen Herausforderungen und bietet gleichzeitig vielversprechende Chancen für Unternehmen. Die erfolgreiche Nutzung solcher Chancen erfordert jedoch eine intensive Transformation auf verschiedenen Ebenen, wie Prozesse, Führung und Kultur.

Fazit und Ausblick Fazit und Ausblick

Die digitale Transformation ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Doch manche zögern noch, sich vollständig darauf einzulassen. Schließlich bedeuten Veränderung und neue Technologien, den sicheren Hafen des Vertrauten zu verlassen und sich auf das Unbekannte einzulassen. Wer allerdings in der Zukunft wettbewerbsfähig sein will, muss sich der Digitalisierung stellen. Flexible Anpassungen und Innovationen gehören zur DNA eines modernen Unternehmens. Die digitale Transformation zu verschlafen, kann das Aus bedeuten. Daher ist es jetzt an der Zeit zu handeln und sich der digitalen Transformation zu stellen. Die digitale Transformation allein zu stemmen, kann überwältigend sein. Ein professioneller Kontakt an der Seite kann dabei helfen die Transformation zu bewältigen.

Wir bei frobese unterstützen Sie professionell auf Ihrem Weg bei der digitalen Transformation. Mit unseren Kompetenzen stehen wir Ihnen beratend und in der Umsetzung zur Seite. Gemeinsam überwinden wir die Hürden und meistern Ihre Digitalisierung.

Quellen

(1) Verhoef, P. C., Broekhuizen, T., Bart, Y., Bhattacharya, A., Qi Dong, J., Fabian, N., and Haenlein, M. 2019. “Digital Transformation: A Multidisciplinary Reflection and Research Agenda,” Journal of Business Research.
(2) Firk, S., Hanelt, A., Oehmichen, J., and Wolff, M. 2019. “Digital in the C-Suite: Antecedences and Performance Effects of Chief Digital Officer Appointments,” Academy of Management Annual Meeting Proceedings.
(3) Hess, T., Matt, C., Benlian, A., and Wiesböck, F. 2019. “Options for Formulating a Digital Transformation Strategy,” MIS Quarterly E (15:2).
(4) Bonnet, D., Ferraris, P., Westerman, G. and McAfee, A. January 2012. “Talking ‘bout a Revolution,” Digital Transformation Review (2:1).
(5) Hess, T., Benlian, A., Matt, C., and Wiesböck, F. 2016. “How German Media Companies Defined Their Digital Transformation Strategies,” MIS Quarterly Executive (15:2).
(6) Horlacher, A., Klarner, P., and Hess, T. 2016. “Crossing Boundaries: Organization Design Parameters Surrounding CDOs and Their Digital Transformation Activities,” AMCIS 2016: Surfing the IT Innovation Wave - 22nd Americas Conference on Information Systems.
(7) Haffke, I., Kalgovas, B., and Benlian, A. 2016. “The Role of the CIO and the CDO in an Organization’s Digital Transformation,” in 2016 International Conference on Information Systems, ICIS 2016.
(8) Singh, A., and Hess, T. 2017. “How Chief Digital Officers Promote the Digital Transformation of Their Companies,” MIS Quarterly Executive (16:1).
(9) Sebastian, I. M., Moloney, K. G., Ross, J. W., Fonstad, N. O., Beath, C., and Mocker, M. 2017. “How Big Old Companies Navigate Digital Transformation,” MIS Quarterly Executive (16:3).
(10) Magretta, J. 2012. “Why business models matter,” Harvard Business Review, 80 (5).
(11) Gassmann, O., Frankenberger, K., and Csik, M. 2014 “The Business Model Navigator: 55 Models that will revolutionise your Business,” Harlow: Pearson.
(12) Amit, R and Zott, C. 2012. “Creating value through business model innovation,” MIT Sloan Management Review, 53.
(13) Osterwalder, A., Pigneur, Y., and Etiemble, F. 2020. “How to Constantly Reinvent Your Organization with Inspiration from the World’s Best Business Models,” Wiley.
(14) Izrailevsky, Y., Vlaovic, S., & Meshenberg, R. 2016. “About Netflix - Completing the Netflix Cloud Migration,”. Netflix. (https://about.netflix.com/en/news/completing-the-netflix-cloud-migration; retrieved July 5, 2021).
(15) Netflix, Inc. 2021. 2020 10-K annual report. (https://www.sec.gov/ix?doc=/Archives/edgar/data/1065280/000106528021000040/nflx-20201231.htm; retrieved July 6, 2021).
(16) Oomen, M. 2021. “Netflix: How a DVD rental company changed the way we spend our free time - by BMI”, Business Models Inc., (https://www.businessmodelsinc.com/exponential-business-model/netflix/; retrieved July 2, 2021).

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